Waldtrudering



Quelle: Büchl Willy
Quelle: Büchl Willy

Die Landhauskolonie Waldtrudering

Der Nahverkehr vom Münchner Ostbahnhof aus hat in neuerer Zeit manches bisher unbekannte oder in Vergessenheit geratene Gebiet wieder in das öffentliche Interesse gebracht und so ist besonders Trudering, dessen Name eine gewisse Volkstümlichkeit behalten hat – vielleicht aus Alt-Münchner Tagen, als man noch zum Hendelessen hinaus pilgerte – wieder näher gerückt und dem allgemeinen Besuch zugänglicher geworden. Trudering, als truchtheringa (Nachkomme des Truhthari) im Jahre 774 zum ersten Male genannt, somit zu den ältesten Orten unserer Gegend gehörig, besteht aus Straß-Trudering, das sich als Straßendorf zu beiden Seiten der Wasserburger Straße entwickelt hat und Kirch-Trudering, das mit Kirche und Schloß mehr zentral gruppiert ist, denen sich nun als dritter Teil Wald-Trudering angegliedert hat, welches sich ca. 3 km östlicher inmitten prächtiger Tannenwälder befindet. Trudering ist heute eines der reichsten Dörfer der Umgebung Münchens, in einer vorzüglichen Getreidelage und die herrschende Wohlhabenheit charakterisiert das allbekannte, launige Lied:

 

Mir san ma Leut’, mir ham a Schneid,
Mir ham a Geld, drum san ma g’stellt.
Ring’ ham ma a an dö Finga,
Drum san ma dö lustingen Trudingera.

 

  Wenn nun auch die Naturschönheiten dieser Gegend in Zweifel gezogen werden gegenüber anderen bevorzugten Landschaften so wird man doch aufs angenehmste enttäuscht, weil die Natur dort draußen zumal wenn der Sommer in seiner Glanzperiode steht – von überraschender Schönheit sich zeigt. Die große weite Ebene mit dem unbehinderten Blick auf die Alpenkette, die sich über den wogenden Getreidefeldern, den endlosen grünen Fluren und dunklen Waldsäumen majestätisch erhebt – die zahllosen Siedlungen, welche sich um behäbige Sattel, oder schlanke Spitztürme malerisch gruppieren – bieten Landschaftsbilder von packender Schönheit. Daß diese Schönheiten auch gewürdigt werden, zeigt sich am besten durch die Anlage zahlreicher Villen-Kolonien und Heimgärten, welche von Münchner Gesellschaften oder Unternehmern ins Leben gerufen, der Landschaft ein ganz besonders liebliches Gepräge verleihen – und solch begeisterten Verehrern schöner Natur verdankt auch die Landhaus-Kolonie Trudering ihr Entstehen! Im Sommer 1910 von den Herrn Anton Englberth, Franz und Hans Bauer und Ant. Wendl gemeinschaftlich errichtet, wurde das 60.000 qm umfassende Gebiet durch Anlage von 10m breiten Straßen und freien Plätzen baureif gestaltet. Durch Schaffung einer eigenen Wasseranlage (Andr. Hübler) und durch Zuleitung des elektrischen Stromes wurde die Kolonie mit wichtigen Faktoren – Wasser und l Licht – versorgt. Mit dem Bau eines Häuserblocks von vier Zweifamilienhäusern durch Herrn Baumeister Schatz in Trudering wurde gleichzeitig auch mit dem Bau einer Restauration begonnen, die sich nun als eine stattliche, geräumige und behagliche Gaststätte mit dem Titel ”Waldesruhe Wald-Trudering von Hans Riedinger” präsentiert. Der große lichte Saal, das hübsche Nebenzimmer, die trauliche Veranda mit Rundbogen und die große Terrasse im ersten Stock mit entzückendem Ausblick auf die Landhauskolonie und der sie umsäumenden Wäldern, über denen die Spitzen der blauen Alpenkette ragen, das reizende, schattige Restaurationswäldchen und die von köstlichem Waldesduft erfüllten Wiesen und Gärten werden nicht verfehlen, der vortrefflich geführten Gaststätte zahlreiches Publikum zuzuführen. Für Sommerfrischler stehen auch reizende Fremdenzimmer mir längeren Aufenthalt zur Verfügung und zur Abhaltung von Festen größeren Stils die geräumige, 700 Personen fassende Festhalle. Dank dem guten Einvernehmen der Kolonisten und vieler naturfreudiger Interessenten entwickelt sich die Kolonie rasch, und wo vor kurzer Zeit noch ein öder Holzplatz sich befand, zeigt sich heute dem Auge des Wanderers eine freundliche von Hochwaldungen umsäumte Ansiedlung mit breiten Straßen und hübschen Vorgärten – ein Paradies bildend für die Inwohner die nach des nervenaufreibenden Großstadttrubels mit ihrem Hasten und Lärm hier Ruhe und Erholung suchen und finden! Nur einige Villen befinden außer dem eigentlichen Villenterrain an der Straße vom Bahnhof her so z.B. die stattliche, waldumsäumte Villa des Herrn Ant. Wendl, der gleichzeitig in diesem gemütlichen Heim außer einer seltenen rationellen Geflügelzucht eine Schmuckfedernfabrik betreibt, welche aus kleinen Anfängen hervorgegangen durch Umsicht und Geschäftsroutine zu großer Blüte sich entwickelte und heute nach allen Windrichtungen ihre Erzeugnisse verschickt und bedeutenden Ruf genießt Also auf nach Wald-Trudering!


Die Truderinger Kinderzeche

Um das Jahr 1085 kommen die Einwohner Trudering in den Genuß einer Schenkung. Frau von Uta die allem Vermuten nach die durchlauchtigste Herzogin und Gemahlin Cunos gewesen ist, verschenkt 550 Tagewerk Ackerland und 1304 Tagwerk Haidt an die Ortskirche mit der Auflage, die Gründe den Einwohnern zu gleichen Teilen zur Nutznießung zu überlassen.

 Eingedenk der großherzigen Stiftung sollen die Truderinger all sonntäglich der hohen Frau gedenken und am Jahrtag für das Heil ihrer Seele beten Damit die Leute um so freudiger am Gedächtnisgottesdienst teilnehmen, soll ihnen eine Brotspende gereicht werden und zwar in jedes Haus einen Laib. Auch jeder Wittiber und jede Witwe erhalten je einen Laib. Selbst die Roßbuben werden nicht vergessen; für jeden ist gleichfalls ein Laib bestimmt. “Die Lebzelten aber soll man den Kindern geben“.

Soweit ein kurzer Auszug aus der Truderinger Ortschronik.


  Kleine Siedlungsgeschichte Truderings

15v.Chr.-

480n.Chr.

Römische Besiedlung
ab 480 Germanische Stämme wandern ein. Zusammen mit der Urbevölkerung entsteht der Stamm der Bajuwaren.

500

Der Grundholde Truchtaro siedelt sich in Trudering an. Das Land ist im Besitz des bayerischen Herzoghauses.
722 Ein Angehöriger des Herzogs, Hiltibrant, schenkt große Ländereien der Freisinger Bischofskirche.
1080  Die edle Frau Uta aus dem Herzoghaus schenkt 1854 Tagwerk Grund der Ortskirche Trudering. Sie werden an die Dorfbewohner verpachtet.

1618-

1648

Auszehrung des Dorfes und Verwüstung im 30-jährigen Krieg + Pestepidemie.
1690 Schwere Typhusepidemie.
1789 Aufteilung des Utaischen Gemeindeholzes und Verkauf an die Truderinger Bauern.
1835

Eröffnung der 1. Truderinger Schule.

1848 Abschaffung der Grundherrschaft. Bauern werden freie Grundbesitzer. 301 Einwohner.
1868 Liberalisierung der Ehevorschriften schafft Familiengründungen und Siedlungsbedarf.
1871 Eröffnung der Bahnlinie und des Bahnhofes Trudering.
1900 Erste Neuansiedlung im Osten und Südosten Truderings. 748 Einwohner.
1917 150 Tagwerke Brachland an der Solalindenstraße werden parzelliert und an Neusiedler verkauft. Große Siedlungstätigkeit
1919 Die erste Siedlervereinigung wird gegründet. 20 Wohn- und Gartenhäuser sind entstanden.
1930 Eröffnung der Waldschule, heute Kindergarten an der Waldschulstraße. 6.800 Einwohner.
1932 Eingemeindung nach München.
1944 Schwere Luftangriffe auf Flughafen Riem und Trudering, 29 Tote im Keller des Pfarrhofes St. Peter und Paul. Erschließung von Baugelände in Neutrudering.
 1946 Ansiedlung von Heimatvertriebenen aus der Batschka. 14.000 Einwohner.
1946 - 1997 Weitere rasante Besiedlung des Truderinger Raumes. Straßen-, Bus- und S-Bahnerschließung. Steigende Grundstückspreise, Auflassung des Flughafens München-Riem.32.000 Einwohner (1967).
1998 Eröffnung der "Neuen Messe München" in Riem.
 

Quelle: Josef Brückl, 1200 Jahre Trudering.